Protokollantin: Karla Jessen

Frage 1:

Die DOPPIK (Doppelte Buchführung) ist in Griesheim noch nicht 100%ig umgesetzt. Wie sieht hierfür ihr Konzept aus, unter besonderer Berücksichtigung der Einführung der internen Kostenverrechnung?

Antwort Herr Tichy:

Die Doppelte Buchführung kommt aus der freien Wirtschaft. Kommunen und die freie Wirtschaft unterscheiden sich in ihren Anforderungen. Die Doppik bietet für manche Bereiche gute Möglichkeiten, Transparenz bei den Ausgaben und Einnahmen zu schaffen. Doch sollte sie kein Selbstzweck sein.

Es ist wichtig, eine Zuordnung von Tätigkeiten zu Mitarbeitern her zustellen, aber es soll nicht dazu führen, dass Kindergärtnerinnen in Zukunft  Stundenzettel ausfüllen müssen.

Des Weiteren möchte ich den Benutzungszwang in bestimmten Bereichen aufheben, d.h. die betroffenen Mitarbeiter (der Stadtverwaltung) sollen selbst entscheiden können, wo eingekauft wird. Denkbar ist auch, verstärkt Dienstleistung einzukaufen.

Nach Beendigung des Projektes -Doppelte Buchführung Bauhof-, soll geprüft werden, für welche anderen Bereiche ebenfalls die Doppelte Buchführung eingeführt werden soll.

Frage 2:

Welche Art von Gewerbe möchten Sie aktiv für die Ansiedlung in Griesheim anwerben und welche Maßnahmen haben sie vor, um das vorhandene Gewerbe in Griesheim zu halten?

Antwort Herr Tichy:

Anwerben von neuem Gewerbe und Halten von bestehendem Gewerbe sind Zweierlei. Meine Priorität liegt beim Halten des bestehenden Gewerbes. Dieses gibt Arbeitsplätze und Gewerbesteuer. Daraus leite ich ab, wen ich ansprechen möchte.

Dem bestehenden Gewerbe möchte ich Planungssicherheit geben. Die Grundstücke und deren Umgebung sollen sicher sein, so dass sich bestehendes Gewerbe auch vergrößern kann. Das heißt: Gewerbegebiete sollen Gewerbegebiete bleiben. Die Gefahr, dass Gewerbegebiete für den Wohnungsbau genutzt werden, darf es nicht geben.

Die Stadt soll nicht nur Vermittler bei der Grundstücksfindung für die  Ansiedlung neuen Gewerbes sein, sondern sie soll die Rolle eines aktiven Partners einnehmen.

Gewerbeflächen in unterschiedlichen Größen werden benötigt. Die größte Fläche sollte der  Stadt gehören. Denn man kann kein neues Gewerbe anwerben, wenn man ihm nicht gleichzeitig den Platz für Wachstum und Erweiterung anbieten kann.

Welche Art von Betrieben sollten angeworben werden?

Vornehmlich sehe ich den Dienstleistungssektor.

Ich sehe im Wesentlichen 4 Standorte für Gewerbe in Griesheim

  • Gewerbegebiet Nord
    Dort müssen wir über eine Erweiterung nach Norden nachdenken.
  • Kirschberg
    Bestehendes Gewerbe sollte hier gefördert werden.
  • Flughafenstraße
    Dies ist ein Einzelhandelsstandort. Die Lücke des ehemaligen Baumarktes TOOM sollte möglichst rasch geschlossen werden, sonst sind womöglich andere Grundstückseigner geneigt, die Grundstücke für den Wohnungsbau nutzen zu wollen.
  • Innenstadt
    Gebiet für Gewerbe und Handel. Dieser Standort soll weiter entwickelt werden. Das Innenstadtprojekt ist dafür ein wichtiger Faktor, denn auch andere Gewerbe in der Innenstadt werden davon profitieren.

Frage 3:

Die Stadtverordnetenversammlung hat  im letzten Jahr mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes und dem Erstzugriff auf die gesamte Konversionsfläche Südost wichtige Beschlüsse gefasst. Was werden Sie unternehmen, um die Umsetzung dieser Beschlüsse weiter voran zu treiben?

Antwort Herr Tichy:

Herr Tichy stellte zu Beginn klar:

Die Chance, dass die Stadt den Erstzugriff auf das gesamte Konversionsgebiet Süd-Ost hat, geht auf seine Initiative zurück. Die Stadtverordneten-versammlung hatte damals zugestimmt.

Wichtig ist hier, dass Eigentum und Planungsrecht in einer Hand liegen. Bauvorhaben wie Quartiersgaragen  sowie bezahlbarer Wohnraum wären andernfalls nicht realisierbar. Bei einem ausschließlichen Planungsrecht können nur Vorgaben zur Höhe, Breite sowie zur Geschosszahl der Gebäude vorgegeben werden.

Die BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) achtet auf bestmöglichen Gewinn, sie ist die ,Sparkasse von Herrn Schäuble’. Für die Nutzung des Erstzugriffrechts  sollte alles in einer Hand sein. Zu diesem Zweck sollte eine Entwicklungsgesellschaft gegründet werden, da die städtischen Fachabteilungen damit überfordert wären. Branchenpartner werden mit  Detailausarbeitungen betraut, Vorgaben dazu gibt die Stadt.

Herr Tichy will städtebauliche Versäumnisse der Vergangenheit, wie:

  • Kein Zuwachs an bezahlbaren Wohnungen
  • Keine Sozialwohnungen
  • Vernachlässigung des Klimaschutzes

vermeiden.

Herr Tichy möchte eine Bürgerbeteiligung, die den Namen verdient.

Für die Konversionsfläche ist daher ein Nutzungskonzept zu erstellen. Vorhandene Vorarbeiten für die Planung sollen fortgeführt werden.

Der BImA muss deutlich werden, dass Griesheim die komplette Fläche benötigt, um den Bau von bezahlbaren Wohnungen und Sozialwohnungen realisieren zu können. Vor den Verhandlungen mit der BImA muss wegen etwaig zu berücksichtigender Ausgleichsflächen klar sein, welche Flächengröße durch die Entwicklungsgesellschaft gekauft werden müsste.

Frage 4:

Was sind Ihre Ziele in Bezug auf die Verkehrssituation in Griesheim?

Antwort Herr Tichy:

Griesheim wird vermutlich weiter wachsen, zumindest lautet so die Prognose bis 2035.

Das bedeutet für Griesheim:

  • Mehr Verkehr (=Mehr Bewegung von A nach B),- aber mit weniger PKW’s
  • Daher müssen Bereiche für den Fußgänger- und Radverkehr verstärkt werden

Bekanntlich liegen 30% aller PKW-Fahrten unter 3 km. An diese Tatsache sollen neue Verkehrskonzepte anknüpfen und ein neues Verkehrsleitbild entworfen werden.

Denkbar wäre die Nutzung der Wilhelm-Leuschner-Straße für die Fahrradfahrer, bei gleichzeitiger Aufwertung der Goethestraße und der Sterngasse für die Autofahrer.

Interessengruppen, wie z.B. Gewerbe, Feuerwehr, Kinderwagen-Nutzer, Fahrradfahrer sollen mit Bürgern, der Verwaltung und mit auswärtigen Fachleuten ein neues Verkehrskonzept für Griesheim erstellen.

Beispiele verkehrstechnische Mängel in Griesheim:

  • Eltern bringen ihre Kinder mit dem PKW zur Schule, weil der Schulweg nicht sicher ist. Viele Fußwege sind zu eng.
  • PKW’s, die von Norden oder Süden auf die Wilhelm-Leuschner-Straße fahren, umgehen Ampeln durch sogenanntes ,Schrägfahren’. Das muss unterbunden werden.
  • Griesheim ist im Westen über nahezu 1,5 km nicht mit der Straßenbahn verbunden. Eine weitere Haltestelle im Westen böte Abhilfe. Die planungsrechtlichen Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden.
  • Für das zukünftige Parken von PKW’s sollen auch das Quartiersparken und die Quartiersgarage zum Einsatz kommen. Die geplante Quartiersgarage auf der Konversionsfläche Süd-Ost könnte dabei als Beispiel dienen.

Frage 5:

Wie könnte man die Stadtverwaltung effizienter gestalten? Welche freiwilligen Leistungen der Stadt halten Sie ganz persönlich für verzichtsbar?

Antwort Herr Tichy:

Herr Tichy macht eindrücklich deutlich, dass das Ehrenamt und die Vereine unverzichtbare Größen in der Stadt sind. Sollte dessen Förderung wegfallen, wollte er nicht mehr Bürgermeister sein.

Er möchte die Förderung der Vereine nicht kürzen, sondern eher stärken. Gerade weil Griesheim weiterhin wächst, wird der Bedarf an ehrenamtlich Aktiven und an Vereinen zunehmen.

Herrn Tichy möchte ein Haus der Vereine. Beim Bau der TUS-Halle sollte sich die Stadt diesbezüglich einbringen.

Frage 6:

Welche Pläne haben Sie in Bezug auf interkommunale Zusammenarbeit, z.B. mit Darmstadt oder auch Gemeinden aus benachbarten Kreisen?

Antwort Herr Tichy:

Griesheim wächst. Die Anforderungen im Zusammenhang mit der Migration sind größer geworden.

Als Beispiel nannte er das Amt für Personenstandswesen, eher bekannt als Standesamt. Hier werden neue Anforderungen gestellt. Es können nicht so viele Personen eingestellt werden, wie es (neue) Aufgaben und Anforderungen gibt. So sind z.B. Experten für das Familienrecht in Afghanistan oder das Erbrecht in Syrien gefragt. Diese Fähigkeiten kann nicht jede Kommune für sich bereithalten. Andere Kommunen haben ähnliche Probleme.  Hier kann man sich eine überkommunale Zusammenarbeit vorstellen. Die Größe der Kommunen spielt dabei keine Rolle.

Die Mitarbeiter müssen es allerdings auch  wollen. Gegen den Willen der Mitarbeiter ist eine überkommunale Zusammenarbeit nicht durchführbar.

Vision: Auch ein interkommunales Gewerbegebiet unter Griesheimer Führung wäre denkbar, z.B. auf dem ehemaligen Gelände von  ,Stars and Stripes’. Dieses Gebiet liegt auf Darmstädter Gemarkung.

Zusatzfrage:

Falls Sie gewählt werden: Wie wird Griesheim in 6 Jahren, am Ende Ihrer Amtszeit  dann nach Ihren Vorstellungen da stehen? Was ist Ihre Vision für Griesheim?

Antwort Herr Tichy:

Statistiken sagen, bis 2035 wächst Griesheim noch. Wie reagieren wir auf dieses Wachstum? Meine Visionen für Griesheim würden daher eher bis zum Jahr 2035 reichen. 6 Jahre sind zur Beantwortung zu kurz gefasst.

  • Wir rechnen mit einer Erhöhung der Einwohnerzahl von 7000-9000 Zum überwiegenden Teil werden diese im Bestand Wohnraum finden.  Dennoch ist ein Zuwachs an bezahlbaren Wohnraum notwendig.
  • Die Wilhelm-Leuschner-Straße wird im Innenstadtbereich (zwischen Wagenhalle und Kochschulhaus) an Bedeutung gewinnen. Das Innenstadtprojekt ist in diesem Zusammenhang wichtig, weil es einen Lebensmittel-Versorger Doch in seinen Dimensionen soll der Bau ein Solitär bleiben.
  • Das vorherrschende Straßenbild Griesheims mit seinen Giebeln, straßenständigen Häusern soll erhalten bleiben. Eine Bauweise, wie bei der Wiederbebauung des ehemaligen Geländes der Gaststätte  ,Zur Kanone’  wird auf Grund des straßenständigen Parkplatzes und der tiefliegenden Bebauung
  • Gewerbe und Einwohnerzahl müssen zusammen passen. Die Aufgabe besteht darin, eine Infrastruktur für eine wachsende Stadt zur Verfügung zu stellen.
  • Das Vereinsangebot soll erhalten bleiben, die Erwachsenen nehmen die Angebote an.
  • Angebote für die Kinder in den betreuten Grundschulen sollen erhalten und verstärkt werden.
  • Ein Haus der Vereine könnte im alten Kochschulhaus eingerichtet werden. Der Bau einer neuen TUS-Halle sollte nicht als reine Sporthallte gebaut werden, sondern sie sollte auch für andere Vereine und deren Zwecke nutzbar sein.
  • Das Rathaus soll ein Bürgeramt werden. Verwaltung und Beratung sollen zusammengehören. Das Georg-August-Zinn-Haus ist zu klein für diese Zwecke. Eine Erweiterung in Richtung eines Bürgeramtes könnte auf dem danebenliegenden Parkplatz erfolgen.

Wandel gestalten und dabei die Menschen mitnehmen – das ist das Ziel von Herrn Tichy.

Lesen Sie auch